War richtig schön gewesen

Die bunte Mischung der Kundschaft und der Angebote machte das Café Brammer einzigartig

KLEINMACHNOW. Nach 21 Jahren, von denen sie und viele ihrer Gäste keines missen möchten, verabschiedet sich Viktoria Brammer am 26. Juni und schließt zum letzten Mal ihr Musik-Café mit Lottoladen und Zeitungskiosk auf. Der beliebte Treffpunkt am August-Bebel-Platz, zu dem die Gäste auch von weither kamen, schließt für immer. Corona hat das Geschäft ruiniert. Eine Nachfolgerin für einen Café-Betrieb ist bereits im Gespräch.
Berühmt sind inzwischen der zum Café gehörende Last-Minute-Weihnachtsmarkt, die Jam-Sessions und vor allem Viktorias Schlagfertigkeit. „Am 28. Juni ist wirklich Schluss, dann habe ich die Schlüssel abgegeben“, erklärt die resolute 79jährige Kleinmachnowerin, die sich nun vor allem um ihre Gesundheit und die Familie kümmern wird. „Alles wird am Montag abgeholt, alles kann bis dahin noch erworben werden“, erklärt Viktoria lachend und reißt wie immer ihre Kundschaft mit.
Auch wenn die Tipps auf dem Lottoschein bisher niemandem den großen Gewinn einbrachten – eine schöne Zeit war es für alle gewesen. Das Geldverdienen stand sowieso nicht im Vordergrund, sondern der Spaß am Zusammenkommen. „Das, was ich mit und im Café Brammer geschafft habe, habe ich dank meiner Freunde und dieser hübschen Ecklage geschafft“, sagt die beliebte Kioskbetreiberin, die nebenbei zehn Jahre als unabhängige Bürgerin im Gemeinderat ihre Stimme erhob. Die Kraft der Freunde des Café Brammer fließt weiter in den Standort: Mit einer Unterschriftenliste für die gewog hat die Chefin der Hausband 4Friends, Ulla Theiler, für den Erhalt als öffentlichen Ort gekämpft. Interessenten für die Immobilie gibt es viele, darunter auch mögliche Retter des Kulturstandortes. „Ich weiß, dass die gewog einige Bewerbungen bekommen hat. Ein Cafébetreiber ist auch dabei, das fände ich gut“, blickt die Musikliebhaberin optimistisch in die Zukunft.
Als Viktoria Brammer vor fast 30 Jahren Berlin verließ, um nach Kleinmachnow zu ziehen, daran erinnert sie sich, hat sie sich vom ersten Tag an als Wossi gefühlt. Mit den CDU-Frauen im Ort organsierte sie tatkräftig den Wahlkampf für Jörg Schönbohm, trat dann später aber aus der Partei aus. Das Talent, Menschen für eine gemeinsame Sache zu begeistern, brachte den Kleinmachnowern als erstes einen neuen Verein, den Checkpoint Bravo e.V., den sie gründete.
An den Tag, an dem sie den kleinen Lebensmittelladen in der Goethestraße 2 kennenlernte, kann sich Viktoria Brammer bestens erinnern – schließlich begann ein neuer Lebensabschnitt. „Die 21 Jahre haben mir so viele schöne Augenblicke gegeben“, bilanziert die gutgelaunte Fast-Ruheständlerin heute, „dass ich sie nie vergessen werde.“
Vor zehn Jahren, als ihr Last-Minute-Weihnachtsmarkt bereits ein Erfolg war, tauchte zum ersten Mal im Bühnenprogramm Musik auf. Es spielten verschiedene Bands aus der Region. Die „4Friends“ bedankten sich für die Auftrittsmöglichkeit und schenkten Viktoria zum 70. Geburtstag eine monatliche Jam-Session. Mit der unglaublichen nachbarschaftlichen Hilfe von Lars B. Fürst konnte eine bunte Mischung von Musikfreunden zusammenkommen und spontan Spaß bei langen Kleinmachnower Nächten haben. Der Last-Minute-Weihnachtsmarkt geht auf jeden Fall weiter: René Fischer, Vorsitzender des Fördervereins der Maxim-Gorki-Gesamtschule, steht bereit. (gm)

Bild:
Viktoria Brammer (li.) mit dem Sänger der Band 4friends, Roger Sturm. Musik ist vielleicht auch im neuen Café, das im September eröffnen soll, zu hören.
(Foto: gm)

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