Erstes Ehrengrab für eine Berlinerin in Stahnsdorf

Anfang April wurde die Schriftstellerin und Journalistin Inge Deutschkron im Kapellenblock des Südwestkirchhofs beigesetzt

STAHNSDORF. 99 Jahre wurde Inge Deutschkron alt (* 23. August 1922 Finsterwalde; † 9. März 2022 Berlin), nun hat die deutsch-israelische Schriftstellerin und Ehrenbürgerin Berlins ihre letzte Ruhestätte auf dem Südwestkirchhof erhalten – ein Ehrengrab der Stadt Berlin. Ihre Grabstätte liegt nicht nur zentral, es ist auch ein äußerst ehrenvoller Platz im Kapellenblock-Erbbegräbnis 91, in der Nachbarschaft vom bedeutenden expressionistischen Grabmal von Max Taut. „Ein gepflegtes Erscheinungsbild zu bewahren und damit die Gedenk- und Erinnerungsstätte für jeden Besucher erlebbar zu halten, das ist jetzt unsere Aufgabe“, sagte der Leiter der Kirchhofsverwaltung Olaf Ihlefeldt. „Die Stadt Berlin übernimmt die Finanzierung.“ Als Ehrenbürgerin der Stadt Berlin ist das Grab von Inge Deutschkron automatisch zeitlich unbegrenzt Ehrengrab des Landes Berlin. Ein schlichter liegender Stein wird nach Deutschkrons Wunsch noch aufgestellt.
Die engagierte Autorin nutzte viele Jahre lang ihre Möglichkeit, mit ihrer in ihrem Buch „Ich trug den gelben Stern“ festgehaltenen Lebensgeschichte vor allem in Schulen aufzutreten und gegen potentiellen Antisemitismus anzukämpfen. Dafür wurde sie hoch geehrt. Als Jüdin überlebte sie den Nationalsozialismus nur versteckt bei einer Berliner Familie.
Die seit 2001 in Berlin beheimatete Verstorbene auf dem Südwestkirchhof Stahnsdorf bestatten zu lassen, dafür entschied sich ihr enger Vertrauter und Freund André Schmitz, da Inge Deutschkron keine Familie mehr hatte. Der ehemalige Chef der Berliner Senatskanzlei und Staatssekretär für Kultur betreut schon seit vielen Jahren ein Patenschaftsgrab seiner Vorfahren auf dem Südwestkirchhof Stahnsdorf, berichtete Olaf Ihlefeldt auf Nachfragen.
Die Auswahl der Grabstätte erfolgte privat durch André Schmitz, erklärte in diesen Tagen Ihlefeldt die Standortwahl in Brandenburg. Der Südwestkirchhof Stahnsdorf habe jedoch als Einrichtung der Evangelischen Kirche Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz nach wie vor die enge Anbindung an Berlin und unterstützte die Entscheidung.
Auf dem Südwestkirchhof Stahnsdorf wurde die deutsch-israelische Autorin beerdigt, obwohl sie weder der jüdischen Gemeinde, noch anderen christlichen Gemeinschaften angehörte, erläuterte Ihlefeldt. „Auf dem Südwestkirchhof Stahnsdorf werden schon seit 113 Jahren alle Menschen bestattet, unabhängig von Herkunft, Religion oder Glauben“, erklärte er. Das Lebenswerk, sich gegen Machtpolitik und Antisemitismus aufzulehnen, sei für den Südwestkirchhof Stahnsdorf ein klares und wichtiges Statement. „Auch wenn jeder Mensch ein Begräbnis bekommen muss, verurteilen wir Antisemitismus, Homophobie und Volksverhetzung und setzen mit Inge Deutschkrons Lebenswerk ein lautes Zeichen dagegen“, so der Leiter der Friedhofsverwaltung. Zudem ist die international herausragende Begräbnisstätte mit inzwischen sogar touristischer Bedeutung in der Haupstadtregion ein guter Platz für die Ehrenbürgerin.
Inge Deutschkron ist übrigens die erste Ehrenbürgerin des Landes Berlin, die in einem Ehrengrab auf dem Südwestkirchhof Stahnsdorf bestattet wurde, informierte Ihlefeldt. „Der einzige hier bestattete Ehrenbürger war bisher der 1929 verstorbene „Pinsel-Heinrich“ Zille, dessen Werke Inge Deutschkron geliebt hat“, berichtet Ihlefeldt, dessen Führungen über das Gelände übrigens sehr beliebt sind. Die nächsten Rundgänge finden am 7. Mai um 11 und um 14 Uhr statt, Treffpunkt ist am Eingang des Kirchhofs. Gm

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Die Ehrengrabstelle für Inge Deutschkron (Foto: gm)

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