Dadaistische Kunst im Landarbeiterhaus

Umbau der Remise zur offenen Kunst-Werkstatt im Hof

KLEINMACHNOW. Es tut sich tatsächlich immer etwas im Künstlerort, sogar etwas besonders Erfreuliches: Bauarbeiter haben seit Kurzem die Remise des Landarbeiterhauses fest im Griff, denn die Gemeinde lässt die Ruine bis Ende des Jahres aufwendig und denkmalgerecht zur Kunst-Werkstatt ausbauen.
Die Vorfreude vier Jahre nach dem Gemeindevertreterbeschluss ist riesig. „Im Kontakt mit Künstlern und Künstlerinnen sowie der Volkshochschule bereiten wir gerade das Programm und Konzept vor. Im nächsten Jahr geht es los“, freut sich der Vorsitzende des Kunstvereins „Die Brücke“, Rainer Ehrt. „Hier werden endlich Ausstellungsbesucher auch mal sitzen und pausieren können“, schwärmt er von den Zukunftsaussichten. Zurzeit ziehen die „Collagen und Decollagen“ von Michael Bensmann und Thomas Wageringel viele Besucher an.
Der in Schwerin lebende Graphiker Thomas Wageringel und der Berliner Buch- und Objektkünstler Michael Bensmann nähern sich jeder auf seine spezifische Weise der künstlerischen Technik der Collage, heißt es in der Ankündigung des Kunstvereins. Zur Vernissage Mitte April zitierte Rainer Ehrt das Lautgedicht des Dadaisten Hugo Ball „gadji beri bimba glandridi laula lonni cadori“. Ball habe „mitten im ersten Weltkrieg, der Urkatastrophe des maschinellen Tötens“ mit der Kunstform Dada einen neuen Umgang gefunden, der „Rückzug und Angriff“ in einem sei.
Doppeldeutigkeiten, unterschiedliche Interpretationsmöglichkeiten, Humor oder Eigentümlichkeiten sind eine kleine Auswahl der Parallelen, die dem Dadaisten zugeschrieben werden und die auch in den Kunstwerken der beiden Künstler zu finden sind. Zudem wecke auch die heutige Zeit Assoziationen an die Zeit der Dadaisten: Satte Gewissheiten und alternativlose Urteile würden die vorhandenen Sprachmöglichkeiten erschöpfen, meint Ehrt.
Die „Köpfe“ des jüdischstämmigen, 1957 in Moskau geborenen und seit 20 Jahren in Berlin lebenden Michael Bensmann sind auf den ersten Blick schöne Kompositionen. Auf den zweiten Blick aber entdeckt der Betrachter die Fundstücke, die in den behutsamen Arrangements stecken: Hinterlassenschaften des technischen Fortschritts, wie Bauteile, medizinische Instrumente und Antiquitäten, die der Künstler zufällig aufgestöbert hat. Melancholisch und abgründig lustig folgen die Kopf-Kunstwerke auch dem Trend des Upcycling und schaffen aus gebrauchten Gegenständen Neues.
Thomas Wageringel aus Leipzig lebt inzwischen in Schwerin und hat sich der Wiedergeburt von Plakaten verschrieben. „Upcycling im feinsten Sinne“ beherrscht Wageringel, so Laudator Ehrt. Der Künstler schlachte gesammelte Fundstücke des „babylonischen Gebrabbels“ der Werbewirtschaft aus und erschaffe ein neues, aufregendes künstlerisches Formgewebe, beschreibt Ehrt die großen plakativen Werke Wageringels.
Noch bis zum 21. Mai ist die Ausstellung bei freiem Eintritt samstags und sonntags von 14 bis 18 Uhr im „Z200“ zu bestaunen. Wie die 1903 gebaute Remise, die erst als Ziegenstall, dann als Waschküche und schließlich jahrzehntelang als Rumpelkammer diente, sich nun in eine moderne Werkstatt mit Küche verwandelt, ist nebenbei auch noch zu beobachten. gm

Bilder:

Rainer Ehrt (r.), ein wichtiger Kopf für Kultur in Kleinmachnow und ein „Kopf“ vom Künstler Michael Bensmann. (Foto: gm)

Die dritte Ausstellung in diesem Jahr wird begleitet von Bauarbeiten an der Remise. Rainer Ehrt ist sehr begeistert. (Foto: gm)

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