Parkverbot Kleinmachnow

Rathaus bekommt Widerspruch per Eilantrag

UPDATE nach Redaktionsschluss der Print-Ausgabe:

Bis Montag (21.8.23) haben 118 Anwohner Uta Hühn (FDP) und Christian Fischer bevollmächtigt, Widerspruch gegen die erste Parkverbotszone rund um die Märkische Heide beim Rathaus (Bild re.) und beim Verwaltungsgericht Potsdam einzulegen. Die Anordnung sei rechtswidrig, so die Anwohner-Initiative.

Anwohner wehren sich gegen Gemeindevorstoß

KLEINMACHNOW. Die Gemeinde macht mit dem „Absoluten Park- und Halteverbot“ in engen Straßen mit Berufung auf Paragraf 12 Absatz 1 Nr. 1 der Straßenverkehrsordnung im ersten Wohngebiet ernst. Zwischen den Straßen Märkische Heide und Heidefeld sowie dem Steinweg und dem Stahnsdorfer Damm enthüllten am 10. August Mitarbeiter der Gemeinde den neuen Schilderwald. „Ab 14. August beginnt der Außendienst der Gemeinde Kleinmachnow mit Kontrollen und wird Falschparker verwarnen“, kündigte Rathaussprecherin Martina Bellack in einer Pressemitteilung an. Die Durchfahrt für Müllfahrzeuge oder Rettungswagen sei ohne das Verbot nicht mehr zu gewährleisten, so die Begründung.
„Das ist bürgerfeindlich und vernichtet wichtige Parkplätze in einer Pendlergemeinde wie Kleinmachnow“, kritisiert Christian Fischer, der eine Anwohner-Initiative organisiert. Das Vorgehen der Gemeinde könne durch die Initiative gekippt werden, ist sich Fischer sicher. Am Montag (nach Redaktionsschluss) wolle er gemeinsam mit Uta Hühn für die Initiative beim Verwaltungsgericht Potsdam einen „Antrag auf einstweilige Anordnung“, besser bekannt als Eilantrag, einreichen. Auch dem Rathaus Kleinmachnow werde der 21-seitige Widerspruch persönlich übergeben.
Über 80 Anwohner sind dabei. Unterstützt von juristischen Expertisen bezweifeln sie die korrekte Anwendung der Straßenverkehrsordnung (StVO) durch die Kleinmachnower Verwaltung. Ihr Ziel: Praktikable Lösungen sollen mit den Anwohnern in der Gemeindevertretung entschieden werden. Mildere Alternativen gebe es viele: verkehrsberuhigte Zone, Parkraumbewirtschaftung oder Knöllchen verteilen. „Aktuell geht es hier nicht um Lösungen, sondern um die halsstarrige Durchsetzung überkommenen Obrigkeitsdenkens“, ärgert sich nicht nur Christian Fischer. Einige man sich nicht mit der Gemeinde, lande der Widerspruch vor Gericht.

52000 Euro kosteten die umstrittenen Schilder – ...

… dazu gehören „Absolute Park- und Halteverbots-Zonenschilder“, die laut Fachleuten nur auf privaten Flächen aufgestellt werden dürften, was laut Initiative nur einer von vielen Fehlern in der Sache ist. So sehe die StVO ein „Absolutes Halteverbot“ nur für einzelne enge Straßenstellen vor, nicht aber für die Fläche eines ganzen Wohnviertels. Auch sei der Begriff „eng“ in der StVO nicht mit exakten Maßen vorgegeben.
Blaue Gebotsschilder markieren die neuen Kurzzeit-Park-Flächen an Werktagen in der Zeit von 7 bis 19 Uhr – und zwar mit zwei Rädern auf dem Gehweg. Halten ist ohne Ausnahme im gesamten Wohngebiet laut den aufgestellten Schildern verboten. Damit dürfen auch DHL-Fahrzeuge nicht bis zur Haustür vorfahren. Mehrtägiger Besuch bei Anwohnern ohne genügend Stellplatz auf dem Grundstück muss außerhalb der weitläufigen Siedlung parken. Laut Bellack darf feier- sowie sonntags und zwischen 19 und 7 Uhr unter der Woche unbegrenzt auf den markierten Plätzen geparkt werden.
Nicht alle verfügen über genügend eigene Stellplätze. Viele Betroffene müssten investieren und Parkplätze schaffen, berichtet Anwohner Bodo Krause, der auch sachkundiger Einwohner für die CDU ist. „Wir leben in einem Dorf, in dem der Straßenverkehr leider überreguliert wird“, bedauert er. Außerdem kennen Fahrer der Feuerwehr im Ort Straßenstellen, die sich wesentlich schlechter befahren lassen. Und in Nikolassee gebe es Straßenzüge, die wesentlich enger sind und in denen dennoch mit nachbarschaftlicher Fairness geparkt werde – „und das funktioniert“.

Unverhältnismäßige Einschränkungen verlange die Gemeinde – ...

… „ohne Angebote für die Verkehrswende hin zu öffentlichen Verkehrsmitteln zu machen“. Täglich erreichen Fischer neue Beschwerden aus der Nachbarschaft. Auch der alltägliche Umgang mit Anwohnern werde kritisiert, berichtet er. So wurden ältere Bewohner aufgefordert, die neuen Schilder vom Grün freizuschneiden und den Kindern empfahl man offiziell als Schulweg die nördliche durchgehende Seite der Märkischen Heide – da befinden sich jetzt aber Kurzzeit-Parkzonen.
Die Gemeinde setze lediglich die Straßenverkehrsordnung für „enge Straßen“ durch, heißt es bisher kategorisch aus dem Rathaus. Beim ersten Rundgang waren viele Anwohner noch in den Ferien, anderen war noch nicht klar, wie die Schilder überhaupt zu verstehen sind. Es fällt auf, dass ältere Häuser oft weniger Parkplätze auf den Grundstücken haben und Bäume im Weg stehen. Möglich, dass der Parkplatz-Suchverkehr noch die CO2-Emissionen steigert und die Parkflucht, Straßen mit Regiobus-Verkehr wie den Stahnsdorfer Damm belasten.
Mal wieder viele vorprogrammierte Missverständnisse und unnötiger Ärger, den keiner wirklich versteht. gm

 

Bilder:
Missverständlich gemacht und unpraktikabel: Das absolute Park- und Halteverbot wird zudem als unverhältnismäßig kritisiert. Auch im Heidefeld dürften z. B. DHL-Fahrzeuge nicht mehr vor der Haustür halten. Christian Fischer (l.), organisiert den Aufstand gegen die Abschaffung von Parkplätzen. (Fotos: gm)

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