Stahnsdorfer Klärwerk

Zu Besuch im Klärwerk Stahnsdorf

Wo das verbrauchte Wasser aus Hahn und Spülung landet

STAHNSDORF. Nicht nur mit Zahlen und Rekorden kann das unauffällig in der Landschaft liegende Stahnsdorfer Klärwerk glänzen – auch wegen seiner Geschichte und den damit zusammenhängenden Innovationen ist die technische Anlage der Berliner Wasserbetriebe einen Besuch wert. Der ehrenamtliche Gemeindechronist Peter Reichelt führt gerne angemeldete Gäste durch das weitläufige Areal am Schenkendorfer Weg, und da er seit Jahrzehnten im Klärwerk arbeitet, kann er nicht nur die Technik erklären, sondern auch von vielen interessanten Geschichten berichten, die mit der Anlage verbunden sind. Zu den Höhepunkten der Führung zählt zudem der Aufstieg aufs Dach des denkmalgeschützten Maschinenhauses mit einem Ausblick über die gesamte Region.

„Der Weg vom schmutzigen Wasser zum sauberen ist sehr aufwendig“,

bringt der Stahnsdorfer den gesamten mechanischen und biologischen Prozess rund um den Wasser-Kreislauf auf den Punkt. Vom Ankommen des Abwassers aus Millionen Haushalten und Betrieben in Berlin, Potsdam und Umgebung – unterhalb der Havel – bis zur Rückführung des Klärwassers in den Teltowkanal können Besucher die verschiedenen Stationen besichtigen, die das Abwasser durchläuft. Unser Besuchstag fiel übrigens auf einen heißen Augusttag ohne Regenwasser-Zulauf aus der Berliner Kanalisation. Täglich harken automatische Anlagen als erstes über Fließbänder aus bis zu 52000 Kubikmetern Schmutzwasser den Müll heraus. An Bildschirmen überwachen Mitarbeiter, was sich im Container alles an nicht ins Abwasser gehörenden Dingen sammelt. „Leider muss ich deswegen auch nachts regelmäßig zum Dienst erscheinen“, erzählt Reichelt. „Insbesondere Ohrenstäbchen verursachen riesige Probleme, weil sie sich mit anderem Müll verknäueln.“ Cent-Münzen findet er auch ab und zu, bei ihnen ist dann aber das Kupfer bereits weggeätzt.
Weiter geht es mit der mechanischen Reinigung in zwei Kammern für den Sandfang. Besucher sehen vor allem viele Becken, wohin sie auch blicken. Zum Beispiel zur Vorklärung und zur Zwischenspeicherung bei Regenwetter. Spannend sind die Becken, in denen Bakterien die Reinigung übernehmen. „Um die Bakterienkultur am Leben zu erhalten, wird so viel Sauerstoff zugefügt, dass Reinigungstaucher festgebunden und hochgezogen werden müssen, weil sie nicht von alleine auftauchen würden“, erzählt Reichelt dem staunenden Publikum.

Klärwerk-Gebäude
Eingangsgebäude und Maschinenhaus aus den 1930er Jahren stehen unter Denkmalschutz.Damals war das Klärwerk das modernste Europas. (Fotos: ca)

Die Gerüche, zum Beispiel nach Ammoniak, sind meist erträglich, aber Gas liegt überall in der Luft, das nimmt man als Besucher deutlich wahr und hält es für verständlich, dass Rauchen und Essen auf dem Gelände überall für alle untersagt ist. Andererseits ist die Abwärme an manchen Stellen so groß, dass sich Palmen auch im Winter im Freien sehr wohl fühlen.
In acht Faulkammern wird der Klärschlamm entwässert, so dass er später in Kraftwerken als Brennstoff dienen kann. Wertvoll ist auch das Klärgas, das in zwei großen Gasbehältern gesammelt wird. Aus dem Faulgas wird in einem Blockheizkraftwerk nicht nur für die Schlammerwärmung Strom erzeugt, sondern auch für die Gebäudeheizung und für die Warmwasserversorgung im Klärwerk. Die bei der Abwasserreinigung entstehende Wärme soll künftig noch an anderen Stellen eingesetzt werden, zum Beispiel in der Lindenhof-Grundschule.
Aber auch der Kreislauf von der Grundwasserentnahme bis zur Rückführung soll verbessert werden. Die Berliner Wasserbetriebe wollen in ihr Klärwerk in Stahnsdorf investieren und erneuern. Der Wunsch aus der Lokalpolitik: Über die Reinigungsstufe Klärwasser hinaus sollte vor Ort auch das Grundwasser wieder mit Trinkwasserqualität aufgefüllt werden können. gm

Bild oben:
Im Maschinenhaus und auf der Aussichtsplattform (oben). Peter Reichelt (Mitte) weiß viel zur Geschichte und Funktionsweise des Klärwerkes und der unzähligen Becken zu berichten.  (Fotos: gm/ca)

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