Boykottaufrufe DM

Stahnsdorf bleibt gelassen

STAHNSDORF.   Früher galt, dass sich Unternehmen aus der Tagespolitik raushalten. Im Hintergrund wurden diskret Kontakte geknüpft. Doch Bekenntnisse waren selten. Denn am Ende zählt nur der Umsatz und nicht die Haltung. Doch jetzt ist alles politisch geworden, sogar der Einkauf von Zahncreme.

Folglich wird, wer bereit ist, mit der AfD zu sprechen, medial angegriffen. Zum Beispiel DM, eine bundesweit operierende Drogeriemarktkette. Warum? Der Unternehmenschef Christoph Werner kommentierte den Schritt des Verbandes der Familienunternehmer, die einen AfD-Politiker zu einer Abendveranstaltung eingeladen hatten. Werner hatte der »Süddeutschen Zeitung« gesagt, grundsätzlich halte er es für statthaft, Parlamentarier aller im Bundestag vertretenen Parteien zu einem solchen Abend einzuladen.

Das war für manche ausreichend, um nun zum Boykott von DM aufzurufen. Bei NTV hieß es sogar, viele Kunden seien sauer. Wo wurde mit den Kunden gesprochen? Wie es aussieht, jedenfalls nicht in Stahnsdorf. Am Freitag war der Laden in der Wannseestraße wie immer gut besucht, auch von Personen mit Kopftuch. Die Schlange an der Kasse war lang.

Gefragt, ob man von dem Boykott gehört habe, erklärte ein Kunde, man solle auch an die Arbeitsplätze denken. Ein anderer hielt den Boykott für „Mist“. Ein dritter Kunde verstand nicht, warum man hier ein Problem sieht.

Zumindest in Stahnsdorf scheint also der Aufruf zur Kaufenthaltung nicht zu fruchten. Und es wäre auch schade, wenn DM in Stahnsdorf in die Knie ginge. Dann müsste man zu Rossmann in Teltow oder Kleinmachnow. Rossmann ist politisch übrigens ganz auf Linie und will um jeden Preis verhindern, dass Unternehmer mit der AfD sprechen. Ob man auch etwas dagegen hat, dass Kunden, die AfD wählen, in dem Laden mit den großen roten Lettern einkaufen, ist allerdings nicht bekannt.

Bild: DM Stahnsdorf  (Foto Kü)

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