Gewalt gegen Politiker
Ein Kommentar
Jüngst kamen die Parteien in Stahnsdorf auf dem Dorfplatz zusammen, um ein deutliches Zeichen gegen Übergriffe und Angriffe auf Politiker zu setzen. Nicht dabei: die AfD. Das ist insofern interessant, als eine Kommunalpolitikerin der AfD, Sabine Lieb, hinter ihrem Haus lesen durfte: AfD töten! Sie ist also ganz konkret Opfer eines Übergriffs.
Auch sonst ist man nicht zimperlich, wenn es um die AfD geht. Wer durch Stahnsdorf fährt, sieht, wie hier mit den Plakaten der Partei umgegangen wird. Sie werden beschmiert und abgerissen. Zu dem Komplex gehört auch ein Riesenplakat der Piraten, auf dem Höcke, den man natürlich sehr kritisch sehen darf, mit Hitler gleichgesetzt wird. Wird diese geschichtsvergessene Ansicht kritisiert? Natürlich nicht.
Doch warum macht man das? Vielleicht weil man sich selber als „Drachentöter“ in Szene setzen möchte. Je größer der Drache, desto beeindruckender der Held. So bläst man die AfD zur Hitler-Partei auf. Was für ein Unsinn.
Damit man mich nicht missversteht. Natürlich darf man die AfD kritisieren. Höcke halte ich für einem Protagonisten der Konservativen Revolution. Damit kann ich nichts anfangen. Teile der AfD sind Putin-affin, manche sind etwas zu eingebildet darauf, Deutsche zu sein. Alles nicht gut. Allerdings wäre es doch mal interessant zu erfahren, warum man in dieser speziellen Frage die AfD ausgrenzt.
Ich glaube, in der Politik ist es da wie im normalen Leben. Es herrschen die sozialpsychologischen Gesetze. Eins davon lautet: Man selbst ist hochempfindlich bei Unrecht, das einem angetan wird. Doch wenn der andere auf die Nase bekommt, dann herrscht klammheimliche Freude. Das kennt man ja aus dem Kindergarten. Eine andere Regel lautet: Man selbst ist immer gut und gerecht. Nur der andere ist böse. Das man selbst auch böse sein kann, dafür fehlt den meisten das Vorstellungsvermögen. Und die dritte Regel lautet: Wer sich als Oper inszeniert, der kriegt viel Sympathie. Und Opfer, das sind nur die eigenen Leute. Und schließlich gilt immer: Wer auch dem Gegner zubilligt ein Mensch zu sein, der verliert in der eigenen Gruppe an Ansehen. Da bleibt man lieber still.
Die AfD sorgt immer dafür, dass die Selbstgefälligen zusammenhalten. Die Spaltung, die man immer beklagt, wird man so allerdings nicht überwinden. Die überwindet man nur, indem man einräumt, dass sich bestimmte Dinge auch gegen die AfD nicht gehören. Wer hat den Mut, das auszusprechen?
Herzlich
Christian Kümpel