Mit Klotzbeuten Wildbienen fördern
Zum Stahnsdorfer Waldorfkindergarten gehört ein Zeidler-Garten – zur historischen Honiggewinnung
STAHNSDORF. Es summt und lacht am Teltowkanal: Auf dem Grundstück des Waldorf-Kindergartens neben der Kleinmachnower Schleuse ist ein kleiner Abenteuerwald für Bienen und Kinder entstanden. Kleine Naturforscherinnen und -forscher erleben hier die Vielfalt der Bienenwelt mit, denn jedes Jahr erweitert das Erzieher-Team rund um Anke Kunkel das Areal um weitere Habitate für Bienen, also deren Behausungen.
In diesem Jahr präsentierte die erfahrene Imkerin und Erzieherin eine neu in einer Linde angebrachte Klotzbeute. Sie hängt in rund acht Metern Höhe und soll nun einem Bienenschwarm als Nisthöhle dienen.
Hinter dem ehrgeizigen Projekt steckt ein ernsthaftes Problem: Den Bienen fehlt es oft an Nahrung, also an Blüten, auf denen sie Futter sammeln können. Anke Kunkel machte dies am Weltbienentag (20.5.2022) zusammen mit dem Bienensachverständigen der Brandenburgischen Imker, Norbert Reinhardt, und dem Wildbienen-Förderer Volker Neumann deutlich. Der Zeidlergarten des Waldorf-Kindergartens, in dem historische Arten der Bienenhaltung nachempfunden werden, bot dafür den passenden Rahmen.
Zu wenig Flächen für die Bienen
Einig waren sich die drei Bienenfreunde erst einmal darin, dass der Honig-Bedarf und die Trockenheit Probleme bereiten. „Rund 1,4 Millionen Bienenvölker fliegen deutschlandweit aus, um Nahrung zu finden. Aber nur knapp ein Viertel des Bedarfs an Honig kann ohne Importe gedeckt werden“, erklärte Norbert Reinhardt das grundlegende Dilemma. Je Bienenvolk rechnen Imker mit einem Quadratkilometer benötigter Fläche, um Nektar und Pollen in ausreichendem Maße zu ernten. Aktuell sammeln auf solch einer Fläche jedoch 20 Bienenvölker.
„Der Druck, Honigbienen auszunutzen, wächst“, sorgt sich die Erzieherin, „und damit geht immer mehr das Bewusstsein dafür verloren, wie eigentlich ein wesensgerechtes Dasein für diese Nutztiere aussehen könnte.“ Im Ergebnis gehe es den Honigbienen nicht gut, denn die Varoa-Milbe vernichte jedes Jahr ganze Staaten in Bienenstöcken. „Das war in den Zeiten anders, als Zeidler noch den Bienen zu ihren Habitaten nachklettern mussten, um Honig zu bekommen“, so die Erkenntnis der drei Imker aus TKS. Wilde Honigbienen bevölkerten damals die Wälder und nisteten in Hohlräumen von Bäumen und bestäubten Pflanzen, die sich so vermehrten. Waben bauten sich die fleißigen Insekten ursprünglich in runden Baumhöhlen, die genug Platz boten. Hier kamen sie gut über den Winter. Der Einsatz der Zeidler war bis ins 18. Jahrhundert groß, der Ertrag ihrer Arbeit im Vergleich zu heute aber gering.
Zurück zur wilden Lebensform
„Wir versuchen, Honigbienen wieder in ihre ursprüngliche und wilde Lebensform zurückzuholen. Das bedeutet aber nicht, dass wir die konventionelle Imkerei ablehnen“, holt Kunkel die Imker, die für den Honig aus der Region sorgen, mit in ihr wildes Honigbienen-Projekt. Im Zeidlergarten fühlen sich Bienen unter blühenden Robinien und Linden wohl, wie die gut angeflogenen verschiedenen Habitate beweisen. „Wir bieten unseren Bienen schöne runde Brutkästen als Alternativen zum klassisch quadratischen Kasten der Imker-Beuten“, sagt Kunkel, „wir ergänzen also die konventionelle Imkerei.“ Norbert Reinhardt unterstützt ihr Engagement und empfiehlt auch Neueinsteigern, sich um Wildbienen zu kümmern, statt herkömmlich zu imkern. „Das ist enorm wichtig. Man tut etwas für den Erhalt der Bestäuber, hat aber weniger Arbeit und Verantwortung, für die Gesundheit in den Völkern zu sorgen.“
Volker Neumann tut dies seit genau zwei Jahren. Mit Hingabe baut er aus Baumstämmen Klotzbeuten, er höhlt sie also aus, um den Bienen Raum zum Nestbau zu schaffen. In diesem Jahr hat er seinen ersten Schwarm bekommen, der bei ihm eingezogen ist. Honig erntet der Wildbienen-Freund nicht.
Die Klotzbeute in der Kita-Linde hat er den Kindern sehr gerne vorbeigebracht, weil er sich für Wildbienen einsetzen will. Der erste Schwarm muss dann noch den ersten Winter überstehen. Die Hoffnung: Wenn die Bienen den Honig für sich behalten können, bleibt ihnen mehr Zeit sich zu putzen. Die Varoa-Milbe, die sich zudem wohl eher in Bodennähe ausbreitet, hätte dann kaum eine Chance.
Die spannende Kultur der Zeidlerei
Sie rückt Norbert Reinhardt mit einer Ausstellung in den Mittelpunkt. Am 3. Juli, dem Tag der Offenen Imkerei, lädt der brandenburgische Sachverständige in den Bienengarten in die Stahnsdorfer Starstraße 37. Dort zeigt das Ehepaar Reinhardt ein selbstgenähtes Zeidlerkostüm und noch nie ausgestellte Dokumente über die historische Honigsammlerei. gm
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Mit dieser Klotzbeute für ein Bienenvolk fing Erzieherin Anke Kunkel an. Ehepaar Reinhardt (links) und Volker Neumann unterstützen die Zeidlerei im Waldorf-Kindergarten. (Foto: gm)