Als Kleinmachnow auf hohes Tempo setzte

Vor 55 Jahren: Letztes Rennen mit selbstgebauten K-Wagen durch den Ort/60er-Jahre-Fotos in Lisas Café

KLEINMACHNOW. Ein Traum ging am 3. Mai 1964 für 12 tollkühne junge Männer in Erfüllung – sie veranstalteten mit selbstgebauten Gokarts das erste K(lein)-Wagenrennen in Kleinmachnow. 60 Jahre später feierten die Freunde von damals Anfang April in Lisas Café die Erinnerung an die denkwürdigen Zeiten. Rennfahrer Hans-Heinrich Gall, Siegmar Böhm und Wolfgang Trojahn erzählten, erklärten und freuten sich über ihr Wiedersehen. „Das war unsere Jugend – da ist die Erinnerung sofort wieder da“, berichtet Manfred Zeimer, der Fotograf der meisten erhaltenen Schwarz-Weiß-Bilder, die er an den Wänden des Cafés nun zum ersten Mal ausstellt, gemeinsam mit seinem Schulfreund Manfred Thomas. Damals wussten sie als 16-Jährige noch nicht, dass sie den Grundstein für ihren Beruf als Fotografen legten. „Da steckte so viel Leidenschaft drin“, erinnert sich Manfred „Tommi“ Thomas 55 Jahre später und schüttelt über ihre Anfänge mit der „EXA 1a“ den Kopf. „Die Fototechnik war nicht einfach, schaute man nach unten durch den Sucher, stand alles auf dem Kopf.“ Doch auch, wenn die Garage zur Dunkelkammer umgebaut werden musste, haben sich die Anstrengungen gelohnt, wie die Ausstellung zeigt.

Ausstellung über Kleinmachnows Rennfahrer in Lisas Café: Hans-Heinrich Gall, Manfred Zeimer, Heike Woite, Wolfgang Trojahn, Knut Krüger, Siegmar Böhm (von links). Foto: Manfred Thomas

Karosserie- und Motorschlosser aus dem Instandsetzungsbetrieb für IKARUS-Autobusse, „echte Bastler und Tüftler“, wie sie sich selber bezeichneten, veranstalteten mit ihrem Motorsportclub Kleinmachnow das beliebte K-Wagenrennen rund um den OdF-Platz – 1969 zum letzten Mal. Zu laut, zu viel Motoren-Gestank, hieß es als Begründung für das Aus. „Ich habe sofort den Geruch und den Krach wieder präsent, den haben wir doch gerade geliebt, damals“, erzählt Heike, Tochter von Rennfahrer Jürgen Koch, während sie sich mit Hobby-Rennfahrer Gall, Trojahn und Böhm alte Fotoalben anguckt. Ihr Vater wäre Berufs-Rennfahrer geworden, wenn dies zu DDR-Zeiten möglich gewesen wäre, ist sie überzeugt.
Allen Kleinmachnower Rennfahrern war gemeinsam, dass sie als junge Männer im Max-Reimann-Werk Autos und Busse reparierten. „Und dann sahen wir im Westfernsehen amerikanische Gokart-Rennen und dachten, das können wir auch“, erzählt Gall und Trojahn ergänzt: „Wir haben in Kleinmachnow doch jedem AVUS-Rennen gelauscht.“ Gleichzeitig erinnern sie sich, dass Hobbys von jungen Leuten in den Betrieben äußerst willkommen waren. „Wir waren beschäftigt und hatten alle Freizeit in unseren Garagen mit Schrauben und Basteln verbracht.“ Geld und Material wurde dafür vom Betrieb großzügig zur Verfügung gestellt.
Heike erinnert sich, dass sie als Kinder ihren Vater nicht oft zu Gesicht bekamen in diesen Jahren. Er verbrachte viel Zeit im Keller, und einmal im Jahr trug er das Ergebnis hoch. Sein Fleiß und der seiner Vereinsfreunde wurden dafür mit vielen Auszeichnungen für die schnellste Zeit belohnt. Eine große Ehre, denn die Kleinmachnower Rennen liefen unter internationaler Beteiligung aus Tschechien, Polen aber auch aus Österreich, erinnern sich die drei unerschrockenen Rennfahrer. Gewicht und Größe von Fahrern und Fahrzeugen wurden zudem streng kontrolliert. An der Quelle saß man auch beim Einsatz von Bussen und Lastwagen, mit denen sie die auf optimale Leistung getrimmten Kleinwagen tausende Kilometer transportieren konnten.
Nach Budapest oder sogar bis Moskau reisten die 20- bis 30-Jährigen, um die Kurven auf abgesperrten Straßen durchrasen zu können. In Kleinmachnow freuten sie sich besonders über eine Tatsache: Für einen Sonntag wurden alle Geschwindigkeitsbegrenzungen aufgehoben und die Zuschauer fieberten hinter Absperrungen und Strohballen zahlreich mit. „Das war so aufregend“, erinnerten sich Zeitzeugen bei der Ausstellungseröffnung, „wenn der Sprecher über Mikrofon die Sieger bekannt gab, wollten wir ganz nah am Fahrer-Lager stehen, um nichts zu verpassen.“

Foto: Manfred Zeimer

Die Rundstrecke führte vom OdF-Platz über die Hohe Kiefer zum Fuchsbau und über Kleine Eichen und Karl-Marx-Straße bis zum Start und Ziel am sowjetischen Ehrenmal zurück. Auf der gut einen Kilometer langen Strecke erreichten die Fahrer bis zu 70 Stundenkilometer. Mehr Infos liefert die Ortschronik von Günter Käbelmann.
Die Foto-Ausstellung „Das letzte K-Wagenrennen 1969 in Kleinmachnow“, kann in Lisas Café in der Goethestraße 2, montags bis freitags von 9 bis 18 Uhr besichtigt werden. gm

Bild oben:
1969: die besten Rennfahrer aus der DDR kurvten zum letzten Mal durch Kleinmachnows Straßen. (Foto: Manfred Zeimer)

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