Wenn Halten und Parken in angeblich engen Straßen verboten wird

Landesbehindertenverband stuft Anordnung der Gemeinde als rechtswidrig ein

KLEINMACHNOW. Bürgermeister Michael Grubert (SPD) gibt sein Ziel, das Parken „in engen Straßen“ zuerst in einem „Testgebiet“ rund um die Märkische Heide und später in ganz Kleinmachnow zu verbieten, nicht auf, auch nachdem er seine im Sommer 2023 aufgestellten zonalen absoluten Haltverbotsschilder auf Gerichtsbeschluss wieder abmontieren musste („Fantasiebeschilderung“, hatte das Verwaltungsgericht Potsdam befunden). Würde sich die Gemeinde durchsetzen, wären Halten und Parken in fast drei Vierteln aller Kleinmachnower Straßen untersagt. Eine restriktive Verkehrspolitik, die Autos aus dem öffentlichen Raum verdrängen möchte.
Eine Anwohner-Initiative im „Testgebiet“ kritisiert das Vorgehen. Ein Betroffener informiert derweil die unterschiedlichsten Behörden und Beteiligten über verschiedene rechtswidrige Aspekte der angeordneten Maßnahmen. So schrieb er Beschwerden an den Bürgermeister (die dieser bisher nicht beantwortet hat), an die Oberste Verkehrsbehörde des Landes und an den Landesbehindertenverband (ABB e.V.) Neuester Stand: Der ABB stuft die Anordnung der Kurzzeitparkplätze mit Gehwegparken der Gemeinde als rechtswidrig ein.

Hier nur einige Kritikpunkte:

– Die „Restdurchfahrtsfahrbreite“ von 3,05 Metern, wegen der nicht geparkt werden darf, ist keine Rechtsnorm, sondern nur Rechtsprechung in Einzelfällen.
– Ein flächendeckendes Verständnis des angeblich „gesetzlichen“ absoluten Haltverbots ist einmalig in Deutschland.
– Die derzeitige „Parkregelung“ ist behindertenfeindlich und größtenteils schlicht unverständlich, insbesondere für Ortsfremde.

In jedem Kfz ein Maßband mitführen?

Ob das Park- und Haltverbot in engen Straßen in ganz Kleinmachnow umgesetzt wird, bleibt spannend. Das Halten und Parken im öffentlichen Straßenraum zählt seit dem Bremer „Laternenparker-Urteil“ des Bundesverwaltungsgerichts 1966 zum „Gemeingebrauch“, und dieses Recht könnte durch die Hintertür massiv eingeschränkt werden. „Ein dem motorisierten Individualverkehr nicht zugetaner Mitmensch reiche schon aus, um unter Hinweis auf den Kleinmachnower Präzedenzcharakter deutsche Städte und Gemeinden vor zur Zeit unlösbare Probleme zu stellen, denn „,enge Straßen‘ gibt es überall reichlich“, warnt der Beschwerdeführer.
Eine Anekdote am Rande: Die „Schwiegermutter-Story“ ereignete sich Ende August. Die Schwiegermutter eines Anwohners kam mit drei weiteren Gästen zur Geburtstagsfeier in eine der Test-Straßen – natürlich mit dem Auto. Denn alle vier Personen im Auto sind ausweislich schwerbeschädigt oder behindert. Der Bruder der Schwiegermutter parkte vor dem Gartentor des Anwohners und erhielt gegen 19 Uhr ein Knöllchen in Höhe von 35 Euro auf Grundlage der „blödsinnigen Kleinmachnower Parkregelung“. Der etwas schmalere dahinter geparkte Gäste-PKW bekam kein Knöllchen. Handelt es sich hier um eine „lex Kleinmachnow“, wonach in jedem Kfz ein Maßband mitzuführen ist? Das ist offenbar jedem Autofahrer zuzumuten, auch Schwerbehinderten. Gm

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So sah die Parkplatzsituation am Abend des Schwiegermutter-Besuchs aus: Alle Kurzzeitparkplätze in der Umgebung waren besetzt oder durch eine Baustelle blockiert. Dieser Hinweis wie auch die Erklärung der100-prozentigen Behinderung nutzten nichts. Besuchern empfiehlt die Gemeinde, den ÖPNV zu nutzen. (Foto: privat)