Vergangenes als Mahnung für die Gegenwart
Sieben neue Stolpersteine im Flussviertel gesetzt, nunmehr 33 Orte des Gedenkens
TELTOW. Ein Rundgang nicht alltäglicher Art fand am 6. März mitten im Teltower Flussviertel statt. Er hatte zum Ziel, sieben neue Stolpersteine zu setzen, mit denen an Opfer des Naziregimes erinnert, sie geehrt und ihr Schicksal öffentlich werden sollte.
Seit 2011 beteiligt sich die Stadt Teltow am Kunstprojekt „Stolpersteine“ von Gunter Demnig (s. Kasten), der es sich zur Aufgabe gemacht hat, diese Art der Erinnerungskultur zu etablieren und jeden einzelnen Gedenkstein – mittlerweile über 105000 Exemplare in Deutschland und weiteren 31 Ländern Europas – eigenhändig zu setzen. Dank der Initiative der Geschichtswerkstatt Teltow und deren Leiterin, Dr. Gabriele Bergner, die seit über 15 Jahren zur jüdischen Geschichte in Teltow forscht, kamen an diesem Tag zu den bereits 26 vorhandenen weitere sieben Steine hinzu. In Vorbereitung darauf war nicht nur zu Opfern jüdischen Glaubens, sondern auch zu den aus politischen und anderen Gründen von den Nationalsozialisten Verfolgten recherchiert worden.
So wurde während des Rundgangs mit Bürgermeister Thomas Schmidt, Stadtverordneten und interessierten Bürgern sowie Verwandten einiger der Opfer, vor deren einstigen Wohnstätten Station gemacht. Während Schüler einer 9. Klasse der Grace-Hopper-Gesamtschule und einer 11. Klasse des Immanuel-Kant-Gymnasiums die erarbeiteten Biografien vorlasen, setzte Gunter Demnig den jeweiligen Stolperstein. Die in ihrer sachlichen Art teils erschreckenden, teils anrührenden Ausführungen vermittelten ein deutliches Bild der NS-Diktatur. Schweigend legten die Schüler anschließend eine Rose nieder.
„So etwas darf nie wieder passieren. Passt auf unsere Demokratie auf!“, gab ihnen Bürgermeister Thomas Schmidt mit auf den Weg.
Empfohlene Route, auf der alle neuen Gedenksteine zu finden sind
In diesem Beitrag ist leider kein Platz, auf die einzelnen Schicksale einzugehen, doch könnten sich Interessierte an die Geschichtswerkstatt Teltow wenden, wenn sie nach einem Spaziergang durchs Flussviertel mehr über die Menschen hinter den Stolpersteinen wissen wollen.
Hier die empfohlene Route, auf der nachstehend alle neuen Gedenksteine zu finden sind:
Mainstraße 5 – für Johann Fiolka
Striewitzweg 26 – für Reinhold Böttcher
(Seine Biografie ist Teil des Beitrags von Jens Leder.)
Walther-Rathenau-Straße 4 – für Richard Homann
Walther-Rathenau-Straße 17 – für Otto Keßler
August-Bebel-Straße 16 – für Frieda und Hermann Lucke
Elsterstraße 1 – für Auguste Fischer.
Im Stadtgebiet, einschließlich Seehof, Sigridshorst und Ruhlsdorf, erinnern nunmehr 33 Gedenksteine an Teltower Bürger, die auf unterschiedliche Weise Opfer des NS-Regimes wurden. Laut Gabriele Bergner sollen noch in diesem Jahr weitere Stolpersteine gesetzt werden. M. Kuhlbrodt
Bild oben:
Die Stolpersteine, wie diese, werden durch Sponsoring bezahlt – jeder kann dazu beitragen, dass in seiner Heimatstadt diese Gedenksteine zu finden sind. (Foto: mck)
Gunter Demnig, geb. 1947 in Berlin, Aktionskünstler
Er verlegte 1992 „illegal“ vor dem Kölner Rathaus einen Stein zum Gedenken an die Vernichtung von Sinti und Roma während der NS-Diktatur.
Daraus entwickelte er das Projekt „Stolpersteine“: Pflastersteinen mit Messingauflage, auf denen Lebensdaten von NS-Opfern verzeichnet sind und die ihren Platz auf der Straße vor der letzten bekannten Wohnstätte der Personen finden.
Bis heute sind ca. 105.000 Steine in 31 Ländern Europas von Demnig gesetzt worden.
Nächste Aktionen sind in Leipzig, Dresden, Jena, Gera, Suhl und Gotha vorgesehen.
(Foto: mck)